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OGH vom 06.08.2021, 6 Ob 115/21m – Schadenersatz gegen Immobilienmakler aufgrund nachweislich zu geringer Einschätzung des Liegenschaftwertes

OGH vom 06.08.2021, 6 Ob 115/21m

Der Immobilienmakler ist Sachverständiger im Sinne des § 1299 ABGB, weshalb von ihm erwartet werden kann, dass er über einschlägige Probleme Bescheid weiß und richtige Auskünfte erteilen kann. Die Verletzung von Aufklärungspflichten macht den Makler schadenersatzpflichtig, wobei der Geschädigte so zu stellen ist, wie er stünde, wenn die Pflichtverletzung nicht begangen worden wäre. Der bloße Umstand, dass ein von Gerichtssachverständigen festgestellter Wert einer Liegenschaft von der Einschätzung des Maklers abweicht, begründet für sich allein keinen Sorgfaltsverstoß. Es wird jedoch vorausgesetzt, dass der Immobilienmakler nachvollziehbare Überlegungen zum Wert der Wohnung anstellt und der Vertragspartner auf eine mögliche Schätzungsbandbreite hingewiesen wird.

Es mag zutreffen, dass im Einzelfall bei der Liegenschaftsbewertung Preisspannen von +/– 15 % (Knittl/Holzapfel, Marklerrecht Österreich² 59) oder sogar +/– 20 bis 30 % anzuerkennen sind (Bienert/Funk, Immobilienbewertung Österreich³ 569). Auch nach der Rechtsprechung in Deutschland ist die Grundstücksbewertung notwendig mit Unschärfen behaftet und deshalb nicht fehlerhaft, solange sich das Bewertungsergebnis im Rahmen zulässiger Toleranzen bewegt. Das Ergebnis könne erst dann als fehlerhaft eingestuft werden, wenn es nicht mehr vertretbar sei.

Es kann aber nicht allgemein davon ausgegangen werden, dass eine Wertermittlung von 15 % unter dem Verkehrswert jedenfalls zutreffend sei. Die Ausführungen über bei der Ermittlung des Werts einer Immobilie mögliche Bandbreiten bedeuten lediglich, dass bestimmte Abweichungen für sich genommen noch keinen Sorgfaltsverstoß darstellen. Keinesfalls ist daraus jedoch abzuleiten, dass jede Wertermittlung, deren Ergebnis innerhalb der abstrakt möglichen Schwankungsbreite liegt, auch als sorgfaltsgemäß einzustufen wäre.